Freitag, 17. Oktober 2014

Ein amüsanter Rückblick auf die Buchmesse Frankfurt 2014

Buchmesse Frankfurt 07.-13.10.2014 - ein Rückblick


 Messe mit Mark

Schon im Flur fing das Chaos an - ich fasste nach meiner Windjacke und hatte den Zipper des Reißverschlusses einzeln in der Hand. Außerdem war das Taxi erheblich zu zeitig da. Als der Fahrer dann auch noch eine lange Diskussion über den Mindestlohn begann, den er gar nicht gut hieß, hatte ich zum ersten Mal für diesen Tag die Nase voll.
In Leipzig ging der Spaß auf dem Bahnhof weiter. Mein ICE stand vor der Bahnhofshalle, durfte aber wegen eines technischen Defektes nicht einfahren. Das geschah dann irgendwann, etliche Minuten zu spät. Ärgerte mich nicht wirklich, weil ich meinen Anschluss nach Oberursel, wo unsere Unterkunft gebucht und bezahlt war, erst dreieinhalb Stunden später hatte.
Einem miesen Gefühl folgend, beschloss ich, zuerst meinen Bücherkoffer zum Messestand zu bringen. Wegen des Regens nahm ich ein Taxi, das ich für einen Vereinbarungspreis von zehn Euro bekam. Der Fahrer verzichtete darauf, das Taxameter einzuschalten und ich darauf, ihm für diese Wuchersumme auch noch Trinkgeld zu geben. Klassisches Patt.
Am Stand stellte ich fest, dass mein Rollkoffer mit der Kleidung einen Platten, sprich: ein defektes Rad hatte und packte vorsichtshalber alles in den nun leeren Bücherkoffer. Pech war allerdings, dass sich der leere Koffer nicht in den Schrank zwängen ließ. Es fehlten ganze vier Zentimeter. Entnervt ließ ich ihn stehen und informierte die Security, damit niemand Alarm wegen einer Kofferbombe auslöste. Anschließend lief ich im strömenden Regen zurück zum Bahnhof, um Mark Galsworthy zu treffen. Am Taxifahren war mir die Lust gründlich vergangen.
Nass, wie ein begossener Pudel, kam ich an und enterte mit meiner 1. Klasse Fahrkarte die DB-Lounge, um zu verschnaufen und vor allem, um mich zu trocknen. Von da aus beobachtete ich auch den Bahnsteig, an welchem Mark ankommen sollte.
Weil der sich nun noch gar nicht wieder bei mir gemeldet hatte, rief ich ihn an und erfuhr, dass es Probleme gab, den Vermieter der Ferienwohnung für die Messezeit zu erreichen. Sofort schrillten bei mir sämtliche Alarmglocken. Aus einem Impuls heraus rief ich meine Tochter an, die seit Kurzem mit ihrem Gatten wieder eine Wohnung in Frankfurt gemietet, diese aber noch nicht endgültig bezogen hatte. Was aber wiederum genau mit der Messewoche zusammenfallen sollte. Sie bot mir an, bei ihr unterzuschlüpfen, falls alle Stränge rissen. Ich solle auf alle Fälle Bescheid geben, ob mit Oberursel alles klargehe.
Mark kam schließlich an, ohne in der Zwischenzeit etwas erreicht zu haben. Also machten wir uns einfach, das Beste hoffend, dahin aufden Weg. Na ja, nach zig weiteren Telefonaten war klar, dass wir plötzlich wirklich ohne Unterkunft dastanden. In Frankfurt, zur Messezeit und ziemlich spät am Tag. Mark war völlig fertig!
In diesem Moment übernahm ich, der Kampfzwerg, die Befehlsgewalt. Meine Tochter hatte die Hiobsbotschaft wohl schon erwartet. Sie setzte alle erdenklichen Hebel in Bewegung, um uns nach dem Aufbau des Messestandes zwei Schlafplätze in Form von zwei mit Matratzen mit komplettem Bettzeug bestückten Zimmern präsentieren zu können. Herz, was willst du mehr?! Und das, wo sie genug Stress mit dem Umzug hat.
Natürlich haben wir uns bemüht, den beiden Gastgebern sowenig wie möglich auf den Nerv zu gehen. Aber wir schienen überhaupt, statt der Wohnung in Oberursel, das Chaos gemietet zu haben. Am übernächsten Morgen vermisste Mark nämlich sein Portemonnaie, das er am Abend zuvor letztmalig beim Bäcker gezückt hatte. Über die Begleitumstände, die dazu geführt haben, schweige ich michjetzt ganz diplomatisch aus. Ich sage nur das Stichwort „Standparty“.
Mein Schwiegersohn ergriff die richtige Initiative und suchte sofort den Marktleiter auf, während wir noch beim Personal nachfragten. Die Beinahekatastrophe eines schwerwiegenden Totalverlustes löste sich rasch in riesige Freude auf, weil tatsächlich eine ehrliche Menschenseele die gefundene Geldbörse abgegeben hatte. Die Frage nach der Beschreibung wurde schlicht durch meinen Vorschlag beantwortet, einfach im Inneren des Fundstückes nach Dokumenten mit dem Namen des Besitzers zu spähen. Volltreffer. Ich nahm jubelnd das schmerzlich vermisste Stück in Empfang, um es seinem völlig am Boden zerstörten Besitzer zu übergeben.
Von unserem Bus Richtung Messe sahen wir allerdings gerade noch die Rücklichter …
Also rettete uns mein Schwiegersohn erneut, indem er uns direkt zur Messehalle fuhr.
In dem Maße, wie uns außerhalb der Messehalle das Pech an den Fersen zu kleben schien, umklammerte uns im Inneren das Glück. Nirgends sonst in der Halle war es wohl dauerhaft so lustig, so schrill und so unterhaltsam, wie bei uns am Stand. Hier war wohl das ultimative Dreamteam am Start, das alle gängigen Klischees zum Teufel jagte. Ossi und Wessi, Sachse und Preuße, Zwerg und Riese – sozusagen der sächsische Ossizwerg mit dem preußischen Wessiriesen im gemeinsamen Kampf, um die Konkurrenz auszustechen.
Zudem waren wir, weil uns innerhalb der heiligen Messehallen Fortuna ordentlich unterstützte, auch kreativer als der Rest der Messewelt. Denn was tut man, wenn man plötzlich feststellt, dass von einem Doppelstand die Hälfte leer bleibt? Man guckt sich verstohlen um, ob einer guckt, und breitet sich langsam immer weiter aus – bis man schließlich in Blitzesschnelle neukonzipiert, den Freiraum annektiert und komplett mit ausstaffiert.
Das tägliche Fazit beim Verlassen des Standes: erfolgreich, affengeil und wiederholenswert.
Und damit es nicht langweilig wird, gestaltete sich der Abreisetag auch noch hektisch. Mark suchte verzweifelt in allen verfügbaren Taschen nach seinem Zugticket und mein Zug sollte ausfallen, wie es aus dem Lautsprecher quäkte. Es ist ja auch einfacher zu sagen: „Sehr geehrte Reisende an Bahnsteig 7, der Intercity nach Leipzig fällt aus. Wir bitten um Ihr Verständnis“ als zu verkünden, dass ein Ersatz-ICE mit anderer Nummer am gleichen Bahnsteig, die gleiche Strecke fährt.
Ihr denkt, das war es für mich schon? Schön wär’s! Abends zu Hause ließ ich meinen Schlüssel liegen, als ich zum Tschechisch-Unterricht ging und „winselte“ hinterher eine halbe Stunde vor der Tür, ehe mein Göttergatte selbig eöffnete.

Ja, ja, wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen…

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